Festakt zehn Jahre SLR-Realschule - zehn Jahre Freundeskreis SLR

Cover Jubilumsfestschrift
Cover der gemeinsamen Jubiläumsfestschrift

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Die mit SLR-Zitaten geschmückte Schul-Aula

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Festredner Dr. Egon Freitag

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Die Namenstagstorte wird angeschnitten

„Sie war die wunderbarste Frau und ich wüsste ihr keine andere zu vergleichen...“ zitierte Schulleiterin Cornelia Klocke-Lipinski keinen geringeren als Johann Wolfgang von Goethe. Zusammen mit Helga Ilgenfritz, der Vorsitzenden des Freundeskreises Sophie LaRoche, begrüßte sie rund 650 geladene Jubiläumsgäste in der mit dem bekannten Schattenriss und Zitaten der in Kaufbeuren geborenen Autorin geschmückten Schulturnhalle. Gefeiert wurde nicht nur die Namensgebung der Schule vor zehn Jahren, sondern auch das zehnjährige Bestehen des Freundeskreises Sophie LaRoche, der 2005 unabhängig von der Namensgebung der Schule gegründet wurde. Während sich die Sophie-LaRoche-Realschule zum Ziel gesetzt hat, die damals revolutionären und heute noch gültigen Erziehungsmaximen vor allem in der Bildung junger Mädchen umzusetzen, will der Freundeskreis Sophie La Roche vor allem das literarische Vermächtnis der ersten deutschen „Bestsellerautorin“ in Erinnerung halten. Man beschloss, das Doppeljubiläum gemeinsam zu feiern.

Etwa 200 Jugendliche aus allen Jahrgängen gestalteten mit ihren Lehrern ein buntes Programm zum Thema Sophie LaRoche und gaben gleichzeitig Einblick in das vielfältige Spektrum an Wahlfächern und frei­willigen Gruppen über den Pflichtunterricht hinaus: Die Blechbläser auf der Empore, das Streichorchester, die Percussiongruppe, die Rock­band, „Bili“ (Bilingualer Erdkundeunterricht), die Taekwondo-Gruppe (mit mehreren „Schwarzgürtel-Mädchen“!), der Chor und das Theaterensemble heimsten wohlverdienten Beifall ein. Besonders hervorzuheben ist hier die ansprechende, von Matthias Wilczek und Benjamin Hecht aus der 7. Klasse erstellte Powerpoint-Präsentation, die jeden Programmpunkt im Hintergrund begleitete.

Wesentlichen Anteil an der „mit Geburtswehen verbundenen“ Namensgebung hatte seinerzeit der Ministerialbeauftragte Ltd. RSD (Leitender Realschuldirektor ) Martin Sulzenbacher. Zum Jubiläum hatte er nun einen mit 400 € dotierten 1. Preis des Kultusministeriums für „besondere ausserunterrichtliche Leistungen“ im Gepäck. Außerdem wurde der Percussionklasse, die 2014 zusammen mit der neuen Sophie-La-Roche-Gruppe im Tänzelfestzug Premiere hatte, ein mit 500 € dotierter Sonderpreis zuerkannt.

Schirmherr Gerhard Schlichtherle, der Vor­sitzende der IHK-Regionalver­sammlung Kaufbeuren/Ostallgäu und Lions-Quest-Beauftragte des Lions-Clubs Kaufbeuren, war begeistert von dem aus den SLR-Initialen gebildeten Schulmotto: „Stark fürs Leben - Kompetent im Lernen - Respektvoll im Umgang miteinander“. Diesen hohen Anspruch erfülle die Schule voll und ganz. Hier würden nicht nur der Verstand, sondern auch Geist und Charakter gebildet und soziale Kompetenzen gestärkt.

OB Stefan Bosse, wie Schirmherr Schlichtherle ehemaliger Schüler der Kaufbeurer Realschule, widersprach in seinem Grußwort energisch der vor Kurzem bekannt gewordenen Meinung eines einzelnen Kaufbeurers, SLR sei - bloß weil sie hier geboren wurde - deshalb noch lange keine „große Tochter der Stadt“ und der vom Freundeskreis in ihrem Sinne geführte literarische Salon „Pomona“ sei lediglich ein Alte-Damen-Kränzchen. Ebenso wie Festredner Dr. Egon Freitag, ehemaliger Wieland-Refe­rent des Goethe-Nationalmuseums der Klassik-Stiftung Weimar, der einen kurzweiligen Abriss über Leben und Wirken Sophie LaRoches bot, hob Bosse hervor, dass SLR ihr Leben lang gerne an ihre Geburtsstadt gedacht und steten Kontakt gehalten habe.

Schon mit zwei Jahren lernte die kleine Sophie in der Bibliothek ihres Vaters Lesen. Entgegen der damals vorherrschenden zynischen Meinung „Der Wäscheschrank ist der Bücherschrank der Frau“ erhielt sie eine umfassende Bildung: Französisch, Englisch Zeichnen, Kla­vier und Tanz. Ihr erster Verlobter Giovanni Ludovico Bianconi wollte gar eine zweite Laura Bassi (1733 die erste Universitätsprofessorin Europas, zunächst für Philosophie, später auch Physik) aus Sophie La Roche machen. Ganz ist es ihm nicht gelungen. Aber sie hat durch ihn Zugang zu Kunstgeschichte, Italienisch und Archäologie gefunden. Ihre Reisebeschreibungen aus ganz Europa sind heute noch eine lesenswerte Lektüre. Der Erziehungsroman „Fräulein von Sternheim“ erfuhr bereits im ersten Jahr der Veröffentlichung eine dritte Auflage und von der Frauenzeitschrift „Pomona“ wurden von der Zarin Katharina, der Großen, 500 Stück für ihren gesamten Hof abonniert, um nur einige der Errungenschaften von SLR zu nennen. SLR, die nach dem Tode ihres Mannes ab 1788 ein unabhängiges Leben führen und vom Schreiben leben konnte, verkörperte einen neuen Frauentyp. Ihr Aufruf „verträumt nicht euer Leben - lebt eure Träume“ gilt heute noch.

Ingrid Zasche

   
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